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Briefe an Brunisen - Zur Natur der Mahre

Begonnen von Alessariel, 27.Februar.2014, 22:14:29

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Alessariel

An Burkhardt Brunisen, Goldbräu

Alter Freund,

lange ist es her, dass wir voneinander gehört haben. Nur per Zufall habe ich von Deinem jetzigen Aufenthaltsort erfahren. Wie ist es Dir ergangen? Das letzte Mal hörte ich von Dir, als Du noch in Halgaff geforscht hast. Ich hoffe, dass es Dir gut geht. Natürlich interessiert es mich brennend, woran Du derzeit arbeitest. Beschäftigst Du Dich noch immer mit diesem merkwürdigen Mineral, von dem Du schon damals so fasziniert warst?

Ich selbst habe meine Studien der Dämonologie beharrlich weiter verfolgt, auch wenn meine Umgebung meine Studien so gar nicht zu schätzen weiß. Du hast ja stets gesagt, dass alle großen Forscher zu ihrer Zeit verkannt wurden, und wie recht Du hattest. Dabei ist die Existenz von Dämonen nun mal eine Tatsache und sie werden nicht weniger gefährlich dadurch, dass man ihre Existenz verleugnet und ihre Erforscher auf Scheiterhaufen verbrennt!

Du erinnerst Dich sicher noch an meine Forschungen zur Natur der Succubi und Incubi. Diese parasitären dämonischen Entitäten ernähren sich ja von der Energie eines sterblichen Wesens, in dem sie diese über eine Steigerung der libidinösen Lust abzapfen. Zu diesem Zwecke legen sich diese Wesen eine dem Auge wohlgefällige Erscheinung zu und oft ist sich das Opfer nach einer Nacht voller unaussprechlicher körperlicher Aktivitäten gar nicht bewusst, dass es einem Dämon als Nahrung gedient hat.

Das Opfer fühlt sich am nächsten Morgen schwach, müde und antriebslos, was jedoch meist auf die strenuöse körperliche Aktivität zurückgeführt wird, während die wahre dämonische Ursache selten korrekt diagnostiziert wird. Zieht sich diese Art der parasitären Abzapfung über mehrere Tage oder Wochen hin, so kann das Opfer davon körperliche oder geistige Schäden, beispielsweise Gebrechlichkeit, Verwirrtheit, Kopfschmerzen und Delirium-artige Zustände bis hin zu Komata davontragen. Wird dem Parasiten nicht Einhalt geboten, so wird das Opfer unweigerlich einen langsamen, wenn auch ekstatischen und sehr seligen, Tod erleiden.

Es gibt gar Berichte von Kundigen oder solchen, die sich dafür hielten, die diese als eher harmlos geltenden Dämonenabarten gezielt zu sich riefen, um mit ihnen der Fleischeslust zu frönen. Diese verderbliche Praxis kann ich hingegen nach eingehenden Studien nicht empfehlen, da es sehr viel leichter ist, einen Succubus oder Incubus zu rufen, als ihn oder sie wieder loszuwerden, wenn man den wahren Namen der Kreatur nicht kennt. Dieses gilt insbesondere, da der Verkehr mit diesen dämonischen Entitäten dazu geeignet ist, den Verstand zu trüben, den Geist zu verwirren und die Urteilskraft zu schwächen.

Wie Du siehst, habe ich meine Forschungen in diesem Bereich vertieft. Vor allem die Mimikry-artige Anpassung dieser Wesenheiten fasziniert mich. Selbst für einen geübten Dämonologen ist die Signatur ihrer Anwesenheit nur schwer eindeutig zu bestimmen.
Ich frage mich ... Wenn es Dämonen gibt, die derartig gut an diese unsere Welt angepasst sind, könnte es sein, dass es noch weitere Arten gibt, die diese Anpassung noch besser beherrschen? Vielleicht ist uns ihre Anwesenheit bisher nicht aufgefallen, da sie sich derartig gut tarnen? Ein fürwahrlich faszinierender Forschungsansatz.
Ansonsten gibt es bei mir nicht viel Neues. Leider habe ich noch immer keine Frau gefunden, die die geistige Größe besitzt, um eine würdige Gefährtin für mich abzugeben. Vor einigen Tagen habe ich allerdings eine ganz bemerkenswerte Dame kennengelernt, eine Adeptin der magischen Künste. Du selbst warst ja auch stets ein bekennender Befürworter der magischen Kunst, was an der alchemistischen Fakultät stets für einigen Aufruhr sorgte, wenn ich mich recht erinnere. Evelynn, so ist der Name der Dame, scheint jedenfalls mit einem sehr aufgewecktem Geist und einer rascher Wahrnehmungsgabe gesegnet zu sein. Ich bin gespannt, ob sich dieser Eindruck bewahrheitet oder ob sie sich als genauso hohl und hirnlos wie so viele ihrer Art herausstellt. Wünsche mir Glück!

Ich hoffe, dass Du Dich guter Gesundheit erfreust und kann es kaum erwarten, alsbald von Dir zu hören.
Mit den besten Grüßen, Dein alter Freund und Studienkollege

Samuel

Professor Samuel Weißhaupt

Akademie zu Rabenflehd
Provinz Talona
Königreich Mhugrab


Alessariel

An Professor Burkhard Brunisen, Goldbräu

Mein lieber Freund,

Welch eine Freude, von Dir zu hören! Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum wohlverdienten Titel! Schon damals in Falkenberg wussten wir alle, dass Du einmal Großes erreichen wirst. Auch wenn sich Professor Akazia sicher niemals hätte träumen lassen, dass der Schrecken ihrer Klasse es einmal selbst zum Professor bringen würde!
Auch bei mir gibt es gute Neuigkeiten. Evelynn hat meinem Werben nachgegeben und wir werden in Kürze heiraten! Sie ist eine außergewöhnliche Frau, und ein sehr unabhängiger Geist. Das werde ich ihr sicher noch austreiben, wenn wir erst einmal verheiratet sind. Wenn Du es einrichten kannst und Dich dieser Brief rechtzeitig erreicht, würde ich mich freuen, wenn Du an unserer Vermählung teilnehmen kannst.

Nun aber zu den wirklich wichtigen Dingen. In meinem letzten Brief schrieb ich Dir ja von meiner Theorie, dass es möglicherweise Dämonen geben könnte, die den Succubi artverwandt, jedoch noch weitaus subtiler und möglicherweise mächtiger sein könnten.
Ich habe einen bedeutsamen Durchbruch erzielt! Alles begann damit, dass ich die Chroniken einiger größerer Städte, die in der hiesigen Bibliothek vorliegen, Wort für Wort durchgegangen bin. Mein Such-Algorithmus umfasste dabei ungeklärte Tragödien und Katastrophen, deren Ursprung im Dunkeln liegt. Ich fand einiges an Studienmaterial, jedoch nichts, was mich auf eine konkrete Spur führte. Doch dann kam mir der Zufall, dieser janusgesichtige Bastard, zu Hilfe.

In einer Nachbarstadt kam es zu einem tragischen Zwischenfall. Ein junger Bursche, der noch kaum das Mannesalter erreicht hatte, hat eine junge Frau und fünf weitere, unbeteiligte Menschen getötet. Zum Glück erfuhr ich von den Geschehnissen, bevor der Bursche von einem Lynchmob hingerichtet werden konnte. Ich nahm ihn mit in meine Akademie und untersuchte ihn auf das ausführlichste. Natürlich überlebte er die Untersuchung letztendlich nicht, wie Du Dir denken kannst, was jedoch ob seines Verbrechens kein großer Verlust sein dürfte. Doch dank der ausführlichen Untersuchung seiner Weichteile konnte ich eine bedeutsame Entdeckung machen!

Ganz offensichtlich war der Bursche über längere Zeit hinweg dämonischem Einfluss ausgesetzt gewesen. Jedoch war er mitnichten besessen, wie ich zuerst angenommen hatte. Weitere magische und nekromantische Studien (Evelynn assistierte mir dabei, sie ist wirklich äußerst lernfähig, wenn auch ein wenig zu neugierig) ergaben, dass der Bursche über Monate hinweg dämonischer Manipulation ausgesetzt gewesen sein muss, die jedoch im Grade ihrer Subtilität und in ihrer Ausrichtung nichts entspricht, was mir in all meinen Studien jemals zuvor untergekommen ist. Befragungen der Hinterbliebenen ließen mich im Zusammenhang mit meinen anderen Studien schließlich zu diesem Schluss kommen: Ich denke, ich habe eine völlig neue Art von Dämonen entdeckt. Ich taufte diese Gattung auf den Namen ,,daemon conscellato", vulgo der "Gefühlsräuber" genannt. Ich nenne die Biester gerne auch kurz ,,Mahre", angelehnt an ihre Eigenart, sich besonders gerne in Alpträumen und Nachtmahren zu manifestieren.

Soweit ich bisher feststellen konnte, ernähren sich auch diese dämonischen Entitäten, ähnlich den Succubi oder Incubi, von der Lebenskraft der Menschen. Jedoch wählen sie eine völlig andere, vermutlich nicht minder perfide Vorgehensweise. Ich weiß noch nicht genau, wie sie es schaffen, Zugang zu ihrem Opfer zu erlangen, oder warum sie so vorgehen, wie sie es tun. Natürlich darf man bei dem Vorgehen eines Dämonen nicht immer eine inhärente Logik erwarten, doch ich vermute, dass mehr dahinter steckt, als nur die den meisten Dämonen eigene Lust am Chaos.

Übrigens klingen Deine Forschungsansätze ausgesprochen interessant. Bitte lass es mich unbedingt wissen, wenn Du eine Möglichkeit gefunden hast, die Auswirkungen dieses Kristalls zu kontrollieren und zu verstärken! Leider muss ich meinen Brief nun beenden, Evelynn schäkert schon wieder mit meinem Assistenten. Wie oft muss ich dieser Frau noch sagen, dass sie nicht mit anderen Männern reden soll!  Wie erleichtert werde ich sein, wenn wir erst verheiratet sind und ich endlich ganz und gar über sie bestimmen kann. Dann ist Schluss mit solchen Dummheiten. Dann gehört sie mir, und mir allein.

Ich verbleibe mit den besten Grüßen und hoffe, demnächst mehr von Dir zu hören, mein alter Freund!

Sam

Professor Samuel Weißhaupt
Akademie zu Rabenflehd
Provinz Talona
Königreich Mhugrab

Alessariel

(Anmerkung: Dieses Dokument ist in einer merklich anderen Schrift verfasst)

An
Professor Burkhard Brunisen
Goldbräu


Mein Freund,


Es ist unglaublich! Sie sind überall! Wer weiß, wie viele sie schon ... nein, ich weiß es mit Gewissheit, Tausende und Abertausende müssen ihnen bereits zum Opfer gefallen sein! Und niemand ahnt es!

Hast Du Dich nie gewundert, was in den Hirnen jener armen, verwirrten Menschen vorgeht? Es scheint, als ob sie von einer Minute auf die andre plötzlich ein völlig andrer seien, nicht wahr? Gut, es gibt Anzeichen. Sie sind ein wenig verwirrt. Oder reden etwas merkwürdig daher. Wirken vielleicht sogar paranoid. Aber genauso oft merkt man es ihnen gar nicht an! Ein Alptraum hier, eine Halluzination dort, eine Stimme, ein Geräusch, vielleicht auch nur ein Duft oder ein Gedanke, mehr ist es ja nicht.

Oh, sie sind schlau! Viel schlauer, als ich zunächst annahm. Sie suchen sich ihre Opfer aus, weißt Du. Sie nehmen nicht jeden, oh nein! Es scheint bei diesen Wesenheiten eine starke Spezialisierung stattgefunden zu haben. So konnte ich in vorsichtiger Feldforschung Exemplare nachweisen, die Gefühle wie Wut, Angst, Hass, Abscheu, Gier, Eifersucht oder Neid für ihre Zwecke nutzen. Und dafür suchen sie sich immer Menschen aus, die bereits eine passende Neigung haben. Darum fällt es auch zuerst niemandem auf, es scheint ja so normal! Sie sind durchaus in der Lage, ähnlich einer Zecke, lange abzuwarten und zu darben, bis genau der richtige Wirt vorbeikommt. Sie können es riechen, denke ich. Sie müssen einen unglaublich hoch entwickelten Geruchssinn haben, mit dem sie erschnüffeln können, wer anfällig für ihre Art der Manipulation ist. Und dann pirschen sie sich heran, langsam, unauffällig.

Der eine schreit die Kinder vielleicht etwas öfter und lauter an. Oder verprügelt seine Frau etwas öfter. Der andre wird vielleicht noch ein wenig ängstlicher und scheuer als sonst. Ein vorhandener Hass verstärkt sich vielleicht, oder eine Liebe schlägt in Eifersucht um. Nichts ungewöhnliches, Menschen sind eben so. Und das nutzen sie aus! Niemand vermutet etwas, wenn ein Mensch sich so verhält, denn es ist ja so menschlich.

Und wenn dann irgendwann der Bauer auf der einsamen Farm seine ganze Familie abschlachtet und sich dann selbst auf einer Mistgabel ausspießt, nun, der ist eben wegen der Einsamkeit durchgedreht. Kommt vor, nicht? Und wenn der junge Mann seine Liebste erwürgt und dann von einer Brücke springt, nun, eine Tragödie aus Eifersucht, nicht wahr, kommt vor? Ganz normal, nicht wahr?

NEIN! Normal ist es eben nicht! Nicht immer jedenfalls! Sie sind es, sie stecken dahinter! Die Mahre! Sie jagen ihre Opfer. Oh, sie sind schlau. Sie warten. Für manche von ihnen, für die alten und starken unter ihnen, ist es ein Spiel, glaube ich. Sie spielen mit uns, Burkhard!
Und sie beobachten uns, die ganze Zeit! Ich kann es nicht beweisen. Sie sind schwer aufzuspüren, da sie sich nie direkt zeigen. Ich weiß nicht einmal, wie sie aussehen oder wie viele es gibt. Aber ich bin mir sicher, dass diese Wesen trotz ihrer abstoßenden Natur äußerst intelligent sind, wenn es um die Jagd auf ihre Nahrungsquellen geht.

Sie sind schlau und verschlagen und es kann sein, dass sie sich über Tage, Wochen oder gar Monate verstecken, bevor sie erneut zuschlagen! Es ist alles in den Chroniken, man muss nur die Hinweise zu lesen wissen!

Haben sie ein Opfer gefunden, beginnen die Mahre, es zu beeinflussen. Kraft ihrer Fähigkeiten sowie durch gezielte unterbewusste Manipulationen im Wach- wie auch im Schlafzustand steigern sie die Intensität der Emotion, die sie als Träger für die Lebensenergie benötigen. Perfide, nicht wahr? Ein Hass-Mahr steigert den Hass, ein Wut-Mahr die Wut und so weiter.

Ist die Emotion stark genug, so beginnt der Mahr, diesen weit offenen Gefühlskanal zu nutzen, um die Lebensenergie des Opfers zu verspeisen. Ohja, sie zutzeln uns aus wie man das Mark aus einem Knochen saugt. Dieses Aussaugen geht erstaunlich schnell und bringt oft einen letzten Anstieg des originären Gefühls mit sich, der den Verstand des Opfers, das sich mangels Lebensenergie nun nicht mehr gegen den Eindringling wehren kann, zerbricht. Oft enden solche Szenarien dann in fürchterlichen und tragischen Katastrophen.

Dies ist von Mahr gewollt, da sich dadurch gleichzeitig neue Quellen auftun. Ein traumatisches Erlebnis, eine grauenhafte Bluttat oder ein schreckliches Familiendrama eröffnet dem Dämon sofort die Chance auf neue Nahrungsquellen. Nachdem es sein vorheriges Opfer bis auf den letzten Rest ausgesaugt hat, beseitigt sich so nicht nur die nun leere, geistlose und verwirrte Hülle quasi selbst, sondern der Dämon kann sich auch gleich an ein neues Opfer anhängen. Genial, oder? Die Beweise werden vernichtet, und es ist ja alles so schrecklich, aber so typisch für die menschliche Natur, nicht wahr. Und presto, wenn sich der traumatisierte Angehörige Jahre später umbringt, wer wird da schon Verdacht schöpfen? Genial.

Ich werde demnächst zu einer Reise aufbrechen, und versuchen, einen Mahr einzufangen, um ihn zu studieren. Evelynn wird mich natürlich begleiten. Man kann sie keine Sekunde alleine lassen. Ständig macht sie anderen Männern schöne Augen. Sie glaubt, ich würde das nicht merken, die kleine Schlampe. Aber sie wird mich noch kennenlernen. Wenn sie glaubt, sie könnte einem Samuel Weißhaupt Hörner aufsetzen, hat sie sich getäuscht! Ich dachte, nach unserer Hochzeit würde es besser werden, doch es wird immer schlimmer. Doch sorge Dich nicht um mich, mein Freund. Ich weiß genau, was zu tun ist, oh ja. Du wirst bald wieder von mir hören.

Gruß

Sam


Professor Samuel Weißhaupt
Akademie zu Rabenflehd
Provinz Talona
Königreich Mhugrab